Langzeitfolgen: Was passiert eigentlich bei einer erfolgreichen Reanimation
Weltweit erleiden pro Jahr mehr als eine halbe Million Menschen einen Herzstillstand außerhalb einer Klinik.1 Wie wichtig dabei die unmittelbare erste Hilfe durch Laien ist, zeigen die Folgen, die sich nach ausbleibender oder zu später Hilfe einstellen. Denn der Herz-Kreislauf-Stillstand ist ein überaus zeitkritischer, lebensbedrohlicher Notfall. Bereits nach drei bis fünf Minuten kann es bei den Betroffenen ohne Wiederbelebungsmaßnahmen zu irreversiblen Hirnschäden kommen. Nach zehn Minuten ohne zwischenzeitliche Hilfe kommen Wiederbelebungsmaßnahmen in der Regel zu spät.2 Daher bildet die Laienreanimation in der Rettungskette das erste entscheidende Glied.
Von 100 reanimierten Personen sind bei der Ankunft in der Klinik nur etwa 10 bei Bewusstsein. 90 der Patient:innen sind hingegen nach der erfolgreichen Reanimation bei der Klinikaufnahme komatös. Von diesen 90 Patient:innen zeigen 31 Personen während des stationären Aufenthalts neurologische Verbesserungen.1
Entlassen aus der Klinik, aber noch nicht geheilt
Nur 30 Patient:innen können mit günstigem neurologischem Outcome entlassen werden. Zehn verlassen die Klinik in schlechtem neurologischem Zustand und 60 der reanimierten Patienten sind im Krankenhaus gestorben.1
Dies verdeutlicht, wie sehr mögliche spätere Hirnschädigungen oder neurologische Defizite von der Zeitspanne der Ischämiedauer (des Durchblutungsausfalls und des damit einhergehenden Sauerstoffmangels) während des Herzstillstands abhängen. Wenn Ersthelfer den Herzstillstand schnell erkennen, frühzeitig mit der qualifizierten Reanimation beginnen und öffentlich zugängliche Defibrillatoren nutzen, sind am wenigsten neurologische Folgen zu erwarten.1
Langzeitfolgen der erfolgreichen Reanimation
Etwa jeder Dritte derer, die einen Herzstillstand außerhalb der Klinik erleiden und auf einer Intensivstation eingeliefert werden, überlebt.3 Viele dieser Patient:innen werden nach der Entlassung eine intensive, maßgeschneiderte Rehabilitation benötigen.3 Und bis zur Genesung ist es oft ein langer und schwieriger Weg. Die Erholung kann bis zu sechs Monate dauern, manchmal sogar noch länger. Etwa 25 bis 55 % derer, die einen Herzstillstand überleben, haben kognitive Beeinträchtigungen. Bis zu 34 % der Patient:innen geben auch noch nach zwölf Monaten an, an Angstsymptomen zu leiden, und bei 15 % liegt eine Depression vor. Jeder Vierte berichtet in einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach dem Herzstillstand über posttraumatischen Stress. Darüber hinaus zeigen sich auch bei einem Drittel der Angehörigen, die die Wiederbelebungsmaßnahme unmittelbar miterlebt haben, nach ein bis zwei Jahren noch posttraumatische Stresssymptome. Nach einem halben Jahr leiden noch bis zu 71 % der Patient:innen unter körperlicher und kognitiver Fatigue – gemeint ist damit ein Erschöpfungszustand, der sich meist nicht nur körperlich, sondern auch seelisch und geistig bemerkbar macht. Nach einem Jahr liegt diese Fatigue noch bei etwa 50 % der Betroffenen vor. So fühlt sich jeder zweite Überlebende auch sechs Monate nach der Reanimation körperlich und in seinen alltäglichen Aktivitäten eingeschränkt. Bei vielen sind die Einschränkungen auch nach einem Jahr noch vorhanden.1
Von den Betroffenen die noch im Berufsleben stehen, kann etwa die Hälfte nach einem halben Jahr in den Job zurückkehren. Nach einem Jahr sind bis zu 85 % wieder bei der Arbeit.1
- Lorenz, Herzstillstand überlebt, Hirn geschädigt, Medical Tribune 2021, https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/herzstillstand-ueberlebt-hirn-geschaedigt
- Ärzteschaft, Quote der Wiederbelebungsmaßnahmen durch Ersthelfer gestiegen https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/113288/Quote-der-Wiederbelebungsmassnahmen-durch-Ersthelfer-gestiegen
- Perkins GD et al. Brain injury a!er cardiac arrest, Lancet 2021 https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(21)00953-3/fulltext
DE-55786